Sonntag, 22. März 2015

[Astrobiologie] Ist Leben auf Braunen Zwergen möglich?

Zuallererst sollten wir die Frage klären, was Braune Zwerge überhaupt sind. Im Grunde genommen sind es Sterne, die es nicht geschafft haben, die zu wenig Masse besitzen, um die Wasserstofffusion zu zünden. Ihre Masse liegt irgendwo zwischen der Masse des Jupiters und der Masse der kleinsten und leuchtschwächsten Roten Zwerge, weswegen sie einen Sonderstatus zwischen Planet und Stern einnehmen. Denn im Gegensatz zu einem normalen Planeten laufen in ihrem Inneren trotzdem Fusionsprozesse ab. Besitzt ein Brauner Zwerg mehr als das 13-fache der Masse des Jupiters, verschmelzen in seinem Inneren ein Deuteriumkern und ein Wasserstoffkern zu einem Helium-3-Kern, auch Deuteriumfusion genannt. Besitzt er das 65-fache der Masse des Jupiters, setzt die Lithiumfusion ein, bei der ein Lithium-7-Kern mit einem Wasserstoffkern verschmilzt.

Größe eines Braunen Zwergs im Vergleich

Aufgrund dieser schwachen Fusionsprozesse sind Braune Zwerge relativ schwer zu entdecken, da sie lediglich Licht im infraroten Bereich abstrahlen und zudem im Laufe ihrer Lebenszeit auskühlen. Alles in allem sind das ziemlich schlechte Voraussetzungen um nach Leben zu suchen. Dennoch haben Braune Zwerge einen entscheidenden Vorteil: Sie sind offenbar im Universum nicht selten vorhanden und im Zuge der Verbesserung der Suchmethoden werden immer mehr Braune Zwerge gefunden, einige davon sogar in nächster Nähe zu unserem Heimatsystem. Das Doppelsystem Luhman 16, bestehend aus zwei Braunen Zwergen, liegt lediglich 6,5 Lichtjahre von unserer Heimat entfernt, womit es nach Barnards Stern und dem Alpha-Centauri-System die sonnennächsten extrasolaren Nachbarn stellt. Leben direkt auf einem Braunen Zwerg dürfte sich mit der vergleichsweise hohen Jupitermasse und der damit verbundenen starken Gravitationskräfte ziemlich schwierig gestalten. Aber was ist mit Planeten in der Umlaufbahn von Braunen Zwergen? Würden sich diese extrem nah an dem Braunen Zwerg befinden, dürften auf ihrer Oberfläche durchaus angenehme Temperaturen herrschen.

Es wurden tatsächlich bereits Planeten und Gasscheiben um Braune Zwerge entdeckt. Die Gasscheiben stellen Material zur Bildung von Planeten zur Verfügung, ähnlich dem Anfangsstadium unseres Sonnensystems. Um den Braunen Zwerg MOA-2007-BLG-192L, 3000 Lichtjahre entfernt, kreist ein Planet mit 3,3-facher Erdmasse, ungefähr mit dem Abstand der Venus zur Sonne. Besäße dieser Planet eine ähnliche Atmosphäre wie die Venus, könnte er auf seiner Oberfläche trotz der wesentlich niedrigeren Sonneneinstrahlung eine lebensfreundliche Umwelt besitzen. Aber man sollte bedenken, dass MOA-2007-BLG-192L am oberen Ende der Masseskala der Braunen Zwerge steht und damit hart an der Grenze zu einem richtigen Stern. Außerdem besteht der Planet höchstwahrscheinlich aus Gasen und Eis, ähnlich der Zusammensetzung des Neptun, womit die Möglichkeit auf eine feste Oberfläche verwirkt ist.

Gasscheibe um einen Braunen Zwerg

Die bewohnbare Zone um einen Braunen Zwerg ist auf jeden Fall wesentlich enger als bei unserer Sonne oder einem Stern der M-Klasse. Bei einem durchschnittlichen Braunen Zwerg muss die Entfernung der Umlaufbahn 0,005 Astronomische Einheiten betragen, damit sich der Planet in der bewohnbaren Zone befindet. Die Umlaufbahn sollte weiterhin nur eine äußerst geringe Exzentrizität aufweisen, da jegliche Abweichungen von einer Kreisbahn dazu führen könnten, dass der Planet in seinen Zentralstern stürzt. Außerdem besteht bei einem Braunen Zwerg das Problem, dass er im Laufe seiner Lebenszeit immer weiter auskühlt und sich die bewohnbare Zone somit nach innen verschiebt. Planeten, die ursprünglich lebensfreundliche Temperaturen besaßen, können sich dadurch in unbewohnbare Eiswelten verwandeln, ähnlich dem Pluto am Rande unseres Sonnensystems. Die nachrückenden Planeten, falls denn welche vorhanden sind, weisen weitere Probleme auf. Durch die extreme Nähe zu ihrem Stern litten sie ähnlich der Venus unter zu hohen Temperaturen, sodass vorhandenes flüssiges Wasser schnell in den Weltraum verdampfte und eine stark überhitzte Treibhauswelt mit dichter Atmosphäre zurückließ. Der Verlust des Wassers wäre selbst durch die kühleren Temperaturen nicht mehr auszugleichen und trotz alternativer Konzepte stellt Wasser eine der elementarsten Grundlagen des Lebens dar.

Durch die enge Umlaufbahn liegen die Planeten zudem sehr nahe am Roche-Limit des Braunen Zwergs. [Das Roche-Limit gibt an, wie nah sich ein Planet an seinem Zentralstern befinden kann, bevor er von den Gezeitenkräften des Sterns zerstört wird.] Die hohen Gravitationskräfte würden den Planeten noch weiter aufheizen, sodass selbst bei einer geringen Strahlung höhere Temperaturen vorherrschen könnten, als angenommen und das führt wiederum zu dem Problem des Wasserverlusts. Aber woher wollen wir wissen, ob auf einem Planeten wie der Venus Leben unmöglich ist? Extremophile Lebensformen haben bewiesen, dass sie in der Lage sind unter den härtesten und seltsamsten Bedingungen zu überleben. Dank der Evolution könnten sich die Lebewesen an die allmählich abkühlende Atmosphäre ihres Heimatplaneten anpassen, von einer aufgeheizten Treibhauswelt zu einem Planeten mit erdähnlicher Umwelt bis zu einer Eiswelt ähnlich dem Jupitermond Europa. Das würde ein ziemlich interessantes Szenario für die Science-Fiction ergeben!

Brauner Zwerg

Die zentrale Frage ist: Wie viel Zeit bleibt einem Planeten in der bewohnbaren Zone eines Braunen Zwergs, um fortschrittliches Leben zu entwickeln? Voraussetzung ist die Entstehung von Leben in einem Stadium mit höheren Temperaturen und bereits das dürfte sich als äußerst schwierig gestalten. Immerhin ist dieser Vorgang ein sehr komplexer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird. Zum Beispiel könnten bewohnbare Welten um einen Braunen Zwerg niemals stabile Umlaufbahnen für einen größeren Mond bereitstellen und die Rolle des Mondes bei der Entwicklung des Lebens ist nach wie vor umstritten. Je enger der Planet am Roche-Limit liegt und je höher die Masse des Braunen Zwergs ist, desto länger verweilt der Planet in der bewohnbaren Zone. Im günstigsten Fall ergibt das einen Zeitraum von 10 Milliarden Jahren bei einem Braunen Zwerg von ungefähr 75 Jupitermassen und einer Planetenumlaufbahn mit dem 2-3-fachen Roche-Limit. Gemessen an unserer Erde hätten die Bewohner dieses Planeten vermutlich mehr Zeit zur Evolution als wir Menschen. Und dabei hätten sie im Gegensatz zu uns mit immer niedriger werdenden Temperaturen zu kämpfen, während unser Planet von der stärker werdenden Sonnenstrahlung langsam verbrannt wird.


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Leben auf einem Planeten um einen Braunen Zwerg zwar unwahrscheinlich, aber nicht grundsätzlich auszuschließen ist. Das größte Problem besteht ohne Zweifel in dem Wasserverlust während der heißen Phase des Planeten innerhalb der bewohnbaren Zone. Die Evolution könnte durchaus Wege finden Lebewesen an die Infrarotstrahlung und die starken Gravitationskräfte anzupassen, doch um die Entstehung von Leben ist es außer in der Science-Fiction eher schlecht bestellt. Aber wer weiß? Vielleicht entdeckten wir eines Tages, dass Leben auf einer Treibhauswelt wie der Venus möglich ist und legen damit den Grundstein für das Leben um Braune Zwerge.